

Kämpfe in Syrien: Übergangsregierung und Kurden vereinbaren Waffenstillstand
Nach bewaffneten Zusammenstößen zwischen syrischen Sicherheitskräften und kurdischen Kämpfern in Aleppo ist nach Angaben der Übergangsregierung in Damaskus ein Waffenstillstand vereinbart worden. "Wir haben uns auf einen umfassenden Waffenstillstand an allen Hauptachsen und auf Stationierungspunkte der Armee in Nord- und Nordostsyrien geeinigt", erklärte der syrische Verteidigungsminister Murhaf Abu Kasra am Dienstag im Onlinedienst X. Die Vereinbarung gelte ab sofort. Der islamistische Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa traf sich Regierungskreisen zufolge mit dem syrischen Kurdenführer Maslum Abdi.
Das Treffen zwischen al-Scharaa und Abdi, dem Chef der kurdisch dominierten Miliz Syrische Demokratische Kräfte (SDF), fand im Beisein von US-Vertretern in Damaskus statt, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Kreisen der syrischen Übergangsregierung erfuhr. Es war das erste Treffen zwischen den beiden seit Juli.
Die Spannungen in der Großstadt Aleppo in Nordsyrien waren am Montag eskaliert. Einem Bericht des syrischen Staatsfernsehens zufolge wurden mindestens ein Mitglied der syrischen Sicherheitskräfte und ein Zivilist bei mutmaßlichen Luftangriffen der SDF getötet. Der syrischen Nachrichtenagentur Sana zufolge wurden mehrere verletzte Zivilisten ins Krankenhaus gebracht.
Die SDF bestritten jegliche Angriffe auf die Regierungstruppen. Sie warfen vielmehr regierungsnahen Milizen der islamistischen Übergangsregierung in Damaskus vor, die Kurdenviertel der Stadt abgeriegelt zu haben und mit gepanzerten Fahrzeugen vorgerückt zu sein. Die Einwohner hätten sich zusammen mit SDF-Kämpfern gewehrt.
Aktivisten zufolge hatten syrische Regierungstruppen in zwei vorwiegend von Kurden bewohnten Stadtteilen von Aleppo mit Sprengstoff beladene Drohnen eingesetzt. Die Kommunikation in den von kurdischen Einheiten kontrollierten Vierteln Scheich Maksud und Aschrafie sei unterbrochen worden, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Die Stadtteile waren demnach von Verstärkungseinheiten der syrischen Armee umzingelt.
Die syrischen Kurden kontrollieren einen Großteil des ölreichen Nordosten Syriens. Seit Beginn des Bürgerkriegs 2011 genossen sie dort de facto Autonomie. Beim Sieg über die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien 2019 spielten die von den USA unterstützten SDF eine entscheidende Rolle.
Im März hatten sich die SDF mit der islamistischen Übergangsregierung in Damaskus auf eine Integration der kurdischen Autonomieverwaltung in die staatlichen und militärischen Institutionen des Landes geeinigt. Meinungsverschiedenheiten beider Seiten haben die Umsetzung des Abkommens aber verzögert. Zuletzt hatten sich die Spannungen verschärft.
Die von Übergangs-Staatschef al-Scharaa angeführte islamistische HTS-Miliz und mit ihr verbündete Gruppierungen hatten im Dezember den langjährigen Machthaber Baschar al-Assad in Damaskus gestürzt. Die HTS ist ein früherer Zweig von Al-Kaida, hatte sich jedoch vor Jahren von dem Terrornetzwerk losgesagt. Der frühere Dschihadist al-Scharaa gibt sich seit seinem Amtsantritt moderat.
Allerdings hat seit Assads Sturz die Sorge um die Rechte und die Sicherheit von Minderheiten in Syrien zugenommen. Die islamistische Regierung in Damaskus ist dem Vorwurf ausgesetzt, Minderheiten wie Alawiten, Drusen oder Kurden nicht ausreichend zu schützen. Bei dem am Wochenende als undemokratisch kritisierten Auswahlverfahren zur Bestimmung der Mitglieder des ersten Parlaments nach dem Sturz Assads durften von ethnischen Minderheiten dominierte Regionen nicht teilnehmen.
St.Bauer--BVZ