Sacharow-Preis: EU-Parlament würdigt inhaftierte Journalisten in Belarus und Georgien
Das Europaparlament hat zwei in Georgien und Belarus inhaftierte Journalisten mit dem diesjährigen Sacharow-Preis für Menschenrechte gewürdigt. Parlamentspräsidentin Roberta Metsola verlieh den Preis am Dienstag in Straßburg an die Georgierin Msia Amaghlobeli und den polnisch-belarussischen Journalisten Andrzej Poczobut. Stellvertretend für die beiden Inhaftierten nahmen Poczobuts Tochter Jana und Amaghlobelis Kollegin Irma Dimitradsea den mit 50.000 Euro dotierten Preis entgegen.
Der Preis würdige die "Widerstandskraft", den "Mut" und das "unerschütterliche Engagement für die Meinungsfreiheit und demokratische Werte" der Preisträger, sagte Metsola. Sie seien der "Inbegriff von Tapferkeit".
Die Journalistin Amaghlobeli steht in Georgien für den Widerstand gegen die als pro-russisch kritisierte Regierung. Die 50-Jährige betreibt die unabhängigen Medien Batumelebi und Netgaseti, über die sie Recherchen zur Verwendung öffentlicher Gelder und zu Amtsmissbrauch vorantreibt.
Ein Gericht hatte sie im August wegen Vorwürfen der "Gewalt oder Drohungen" gegen einen Beamten zu zwei Jahren Haft verurteilt. Ein Berufungsgericht bestätigte im November das Urteil - knapp einen Monat nachdem das EU-Parlament die Verleihung des Sacharow-Preises an Amaghlobeli verkündet hatte.
Amaghlobeli ist eine von zahlreichen Journalisten und Oppositionellen, die in Georgien in Haft sitzen. Das Land befindet sich seit der umstrittenen Parlamentswahl im vergangenen Jahr in einer Krise, monatelang protestierten zehntausende Regierungsgegner. Opposition und Demonstranten werfen der Regierung in Tiflis vor, zunehmend in Autoritarismus zu verfallen und sich Russland anzunähern.
Amaghlobeli nehme den Preis im Namen aller Journalistinnen und Journalisten an, "die jetzt in Georgien kämpfen, um den Journalismus als solchen zu retten", sagte Dimitradsea in ihrer Rede in Straßburg. "Ich nehme diese Auszeichnung im Namen aller politischen Gefangenen an, die zu Unrecht inhaftiert und verurteilt wurden, weil sie für die europäische Zukunft Georgiens kämpfen", sagte sie stellvertretend für ihre inhaftierte Kollegin.
Der zweite Preisträger Poczobut sitzt seit Februar 2023 in Belarus in Haft. Er berichtete als Korrespondent für die polnische Zeitung Gazeta Wyborcza aus Minsk, unter anderem über die Massenproteste gegen den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko 2020. Poczobut blieb im Land, als die Behörden hunderte Kritiker festnahmen, und wurde für seine Berichte zu acht Jahren Haft verurteilt.
Jana Poczobut sagte, der Preis für ihren Vater schenke Familienangehörigen inhaftierter oder verschwundener Menschen in Belarus "den Glauben, dass Gerechtigkeit und Menschlichkeit in dieser Welt noch einen Platz haben". Der Preis zeige, dass einem Menschen "seine Prinzipien nicht genommen werden können" und "selbst wenn jemand zum Schweigen gebracht wird", seine Stimme durch andere weiterspreche. Ihr Vater könne die Verleihung zwar nicht mitverfolgen, aber sie hoffe, "dass er auf irgendeine Weise weiß: Er ist nicht vergessen", sagte Poczobut.
Die Europäische Volkspartei (EVP) um CDU und CSU im Europaparlament sowie die Rechtsfraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) um die Partei der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni hatten die beiden Journalisten für den Preis vorgeschlagen.
Im Vorjahr hatten die beiden venezolanischen Oppositionsführer Edmundo González Urrutia und die diesjährige Friedensnobelpreisträgerin María Corina Machado den Sacharow-Preis des EU-Parlaments erhalten.
A.S.Neumann--BVZ