Wegen NS-Studie: Film-Spitzenverband erkennt Heinz Rühmann Ehrenmedaille ab
Der Spitzenverband der Filmwirtschaft (Spio) hat Konsequenzen aus einer Studie zur NS-Vergangenheit ihres Führungspersonals sowie früherer Preisträgerinnen und Preisträger gezogen. Wie der Verband am Mittwoch in München mitteilte, werden 14 dieser Persönlichkeiten ihre Ehrenmedaillen nachträglich aberkannt. Darunter sind demnach der 1994 verstorbene Schauspieler Heinz Rühmann und die 2003 verstorbene Regisseurin und Schauspielerin Leni Riefenstahl.
Der Verband sprach von einer "Korrektur historischer Fehlentscheidungen". Die betreffenden Preisträgerinnen und Preisträger seien in der Studie des Münchner Instituts für Zeitgeschichte als "NS-belastet" oder "NS-konform" eingestuft worden. Betroffen sind auch der ehemalige Berlinale-Leiter Alfred Bauer sowie die Schauspielerin Olga Tschechowa.
Vor allem die Auszeichnung für die eng mit dem NS-Regime verstrickte Riefenstahl sei ein "schwerer Fehler" gewesen, hieß es. Die Spio hatte die Studie nach eigenen Angaben "vor dem Hintergrund ihres 100-jährigen Bestehens und des aktuellen Erstarkens rechtsextremer Ansichten innerhalb der Gesellschaft beim Institut für Zeitgeschichte in München in Auftrag gegeben".
"Uns war klar, dass wir mit Belastungen von Personen aus der Vergangenheit und eigenen Fehlern konfrontiert werden", erklärte Spio-Präsident Peter Schauerte. "Elementar war, mit der Studie eine wissenschaftlich fundierte Basis zu haben, um adäquate Konsequenzen ziehen zu können." Die Aberkennung der Ehrenmedaillen solle "ein klares Zeichen gegen den wieder erstarkenden Rechtsextremismus, aber auch gegen jede andere Form von Extremismus, Rassismus, Diskriminierung und Hetze setzen."
Die bisherige Ehrenmedaille soll künftig nicht mehr verliehen, sondern durch einen neuen Preis ersetzt werden, der "neben Verdiensten um die Filmwirtschaft auch das gesellschaftspolitische Engagement für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit als zentrales Kriterium enthalten wird". Die für das Filmschaffen notwendige kreative und inhaltliche Freiheit "gelingt nur in einer freiheitlichen Demokratie", erklärte Spio-Vizepräsidentin Julia Maier-Hauff.
Laut einem Bericht der "Zeit" geht aus der Studie hervor, dass auch deutlich mehr frühere NS-Funktionäre und -Täter zum Spio-Führungspersonal gehörten, als bisher bekannt war. Insgesamt würden von 91 untersuchten Personen 31 als in unterschiedlichem Maße belastet eingestuft.
Die Filmförderungsanstalt FFA kündigte als Konsequenz ihrerseits eine weitere Studie an, "um Klarheit über die NS-Belastung ehemaliger Vorstände und Gremienmitglieder zu erhalten". FFA-Vorstand Peter Dinges begrüßte ausdrücklich die von der Spio angestoßene Aufarbeitung.
L.Schmitz--BVZ