

Tschechien: Rechtspopulist Babis will nach Wahlsieg Minderheitsregierung bilden
Nach seinem klaren Sieg bei der Parlamentswahl in Tschechien will der Rechtspopulist Andrej Babis eine Minderheitsregierung mit Unterstützung anderer rechter und äußerst rechter Parteien bilden. Die Partei des Ex-Regierungschefs war bei der Wahl bis Samstag mit 34,5 Prozent der Stimmen mit großem Vorsprung auf dem ersten Platz gelandet. Babis, ein Anhänger von US-Präsident Donald Trump, traf am Sonntag im Zuge von Gesprächen mit den Parteichefs mit Präsident Petr Pavel zusammen, der den künftigen Regierungschef gemäß der Verfassung ernennen muss.
Mit dem klaren Sieg seiner Partei Ano (Ja) hat Babis ein aufsehenerregendes politisches Comeback hingelegt. Babis sprach nach Bekanntwerden seines Siegs von einem "historischen Ergebnis". Es sei der "absolute Höhepunkt" seiner politischen Karriere, sagte der Unternehmer, der bereits zwischen 2017 und 2021 tschechischer Regierungschef gewesen war. Er habe mit dem Präsidenten "das Wahlergebnis und unser Bild in der Nato und der EU besprochen", sagte Babis.
Das Parteienbündnis Spolu (Gemeinsam) des bisherigen konservativen Ministerpräsidenten Petr Fiala schaffte es bei der zweitägigen Parlamentswahl mit 23,4 Prozent nur auf den zweiten Platz. Der liberale Koalitionspartner Stan kam auf 11,2 Prozent. Der abgewählte Regierungschef Fiala gratulierte Babis zu seinem Wahlsieg und schloss die Möglichkeit aus, eine neue Regierungskoalition zu schmieden.
Babis stellte bereits am Samstagabend klar, dass er keine Regierungskoalition bilden wolle: Ihm schwebe "eine Regierung mit nur einer Partei" vor. Unterstützung holen will Babis sich aber bei der rechtsextremen Partei SPD, die auf 7,8 Prozent der Stimmen kam, und der rechtsgerichteten Autofahrerpartei, die 6,8 Prozent erhielt.
Die rechtsextreme SPD verspricht in ihrem Wahlprogrammen ein Referendum über einen EU-Austritt Tschechiens, was Babis vehement ablehnt. Am Samstagabend betonte der Wahlsieger: "Wir sind eindeutig pro-europäisch und Pro-Nato." Er habe dem Präsidenten versprochen, "ihm eine Lösung vorzuschlagen, die mit den tschechischen und europäischen Gesetzen im Einklang steht", erklärte Babis am Sonntag.
Der Politologe Otto Eibl von der Universität Masaryk in Brünn misst der rechtsextremen SPD eine entscheidende Rolle bei. Es bleibe abzuwarten, ob die Partei "zufrieden sein wird, außerhalb der Regierung zu bleiben und einen gewissen Einfluss auf ihre Politik auszuüben", sagte Eibl der Nachrichtenagentur AFP.
Die Ano-Partei überzeugte viele Tschechen mit ihren Wahlversprechen hinsichtlich der Sozialleistungen und der Einstellung der Militärhilfe für die Ukraine. Auch dazu äußert sich Babis nach seinem Wahlsieg.
"Wir helfen der Ukraine über die EU, und die EU hilft der Ukraine. Und so werden wir auch weiterhin helfen", sagte er in einem am Sonntag vom ukrainischen öffentlich-rechtlichen Sender Suspilne veröffentlichten Video. Auf die Frage eines ukrainischen Journalisten, ob er den Antrag Kiews auf EU-Beitritt unterstützen würde, antwortete Babis, die Ukraine sei "nicht bereit für die EU". "Wir müssen zuerst den Krieg beenden", fügte er hinzu.
Tschechien ist unter der von Fiala angeführten Mehrparteienregierung bislang ein entschlossener Verbündeter der Ukraine im Verteidigungskampf gegen Russland. Die bisherige tschechische Regierung hat die Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 mit humanitärer und militärischer Hilfe unterstützt. Viele Tschechen hatten ihr aber vorgeworfen, die Probleme im eigenen Land zu ignorieren.
Unter einer von Babis geführten Regierung könnte das Land sich in dieser Frage der Slowakei und Ungarn annähern, den derzeit Russland politisch am nächsten stehenden EU-Staaten. Babis versteht sich gut mit dem slowakischen Regierungschef Robert Fico und dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban.
Gemeinsam mit Orban hatte Babis im Europäischen Parlament die Rechtsaußen-Fraktion Patrioten für Europa gegründet, der die Ano-Partei angehört. Ano ist darin verbündet mit mehr oder minder offen russlandfreundlichen Kräften wie Orbans Fidesz, dem französischen Rassemblement National der mehrfachen Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen, der italienischen Lega und der österreichischen FPÖ.
P.Jahn--BVZ